Achtsamkeit und Nachhaltigkeit: Wie geht das zusammen?
Viele Menschen sind der Ansicht, dass das Tempo bei Weitem nicht ausreicht. Dennoch: Unsere Gesellschaft verändert sich mit unglaublicher Dynamik. Im täglichen Leben lassen ökologische, ökonomische und soziale Herausforderungen die Dringlichkeit gesellschaftlicher Veränderungen zu mehr Nachhaltigkeit geradezu spürbar werden. Trockene Sommer. Tödliche Hitzewellen. Verheerende Starkregenereignisse. In Verbindung mit den Auswirkungen der Pandemie und kriegerischen Auseinandersetzungen rund um den Globus schärfen derartige Ereignisse bei vielen Menschen das Bewusstsein, nach einem Leben im Einklang mit der Umwelt und mehr Nachhaltigkeit.
Die gesamtgesellschaftlichen Entwicklungen treffen auf eine immer größer werdende Gruppe an Menschen, die achtsamer werden – mit sich selbst und der Art und Weise wie sie ihr Leben definieren. Diese Achtsamkeit ist umfassend. Sie lässt sich nicht etwa auf den Freizeitsektor beschränken. Der achtsame Blick auf sich selbst gilt in allen Lebenssituationen – in der Freizeit ebenso wie auf der Arbeit.
Nachhaltigkeit und Achtsamkeit – beide entwickeln sich parallel zueinander und finden diverse Berührungspunkte. Ob die Achtsamkeit des Einzelnen allerdings zu mehr Nachhaltigkeit im Leben – insbesondere im Hinblick auf den Konsum führt? Dieser Frage gehen wir in diesem Beitrag nach.
Was ist Achtsamkeit?
Der Begriff Achtsamkeit erlebt eine geradezu inflationäre Verwendung. Er liegt gewissermaßen im Trend. Selbst Smart Watches bedienen den Trend und bieten Apps an, die eine meditative Auseinandersetzung mit sich selbst fördern. Das macht deutlich: Achtsamkeit wird zum Phänomen der Masse. Vor diesem Hintergrund gilt es, die Bedeutung von Achtsamkeit zu klären. Was ist mit Achtsamkeit wirklich gemeint?
Definition von Achtsamkeit
Seinen Ursprung hat der Achtsamkeitsbegriff im Buddhismus. Dort spielt die Meditation eine wichtige Rolle. Stark verkürzt ist Achtsamkeit eine Haltung, die allen Meditationen zugrunde liegt und eine Geisteshaltung beschreibt. Achtsamkeit ist demnach die bewusste Wahrnehmung und das Erleben aktueller Momente. Wahrgenommen werden diese Momente mit Körper, Geist, Gefühlen und Sinneseindrücken. Eine Definition von Achtsamkeit könnte demnach lauten:
Die Sinne sind hellwach. Menschen erleben den Moment, sich selbst und die Umwelt in der Gegenwart, ohne dabei zu werten.
Das Empfinden im Hier und Jetzt entschleunigt. Achtsame Momente wirken als Gegenpol zum alltäglichen Stress. Ziel ist es, einen zufriedenen Wahrnehmungs- und Bewusstseinszustand zu erreichen. Was leicht klingt, ist in der Praxis gar nicht so einfach. Wir alle hängen ständig Gedanken nach und beschäftigen uns mit Sorgen. Achtsam zu sein bedeutet allerdings, sich auf das zu fokussieren, was ist – und nicht auf das, was kommt oder vergangen ist. Gelingt das, kann es zu mehr Zufriedenheit und Glück führen.
Fünf Übungen für mehr Achtsamkeit
Achtsamkeit bekommen Menschen nicht in die Wiege gelegt. Allerdings kannst Du es mit einigem Üben und ein wenig Training schaffen, achtsam zu werden. Auf einer langen buddhistischen Tradition basieren fünf grundlegende Prinzipien der Achtsamkeit.
- Achtsamer Start in den Tag
Greife morgens nicht direkt zum Smartphone. Bleibe stattdessen ruhig liegen und starte mit guten Gedanken in den neuen Tag. So nimmst Du eine Position der Achtsamkeit ein und beginnst den Tag mit bewusstem Erleben. - Achtsame Auszeiten vom Alltag
Nimm eine mentale Auszeit, wenn Stress aufkommt. Schon 30 Sekunden reichen dafür aus. Richte Deinen Fokus auf positive Dinge. - Achtsam essen
Iss ganz bewusst und lass Dich nicht von Smartphone, Fernseher oder Telefon ablenken. Schärfe Deine Sinne und erlebe den Geruch und Geschmack Deiner Mahlzeit ganz bewusst. - Achtsam mit der Umwelt umgehen
Genieße die frische Luft. Lass die Natur mit all ihren Eindrücken auf Dich wirken. Schon zehn Minuten Spazierengehen reichen aus, um Dich von negativen Gedanken zu befreien. - Achtsame Gespräche führen
Erlebe die wohltuende Gesellschaft anderer Menschen. Sprich mit Freunden oder der Familie. Gewähre Menschen, denen Du vertraust, Einblicke in Dein Seelenleben.
Was ist Nachhaltigkeit?
Wer hätte das gedacht? Nachhaltigkeit ist in aller Munde, modern ist sie allerdings nicht. Der Ursprung des Nachhaltigkeitsbegriffs reicht weit in die Vergangenheit zurück. Der Freiberger Oberberghauptmann Hans Carl von Carlowitz (1645 – 1714) übertrug den Gedanken der Nachhaltigkeit auf die Waldwirtschaft. Seinerzeit bedeutete das: Im Wald sollte nur so viel Holz entnommen werden, wie der Wald in absehbarer Zeit natürlich regenerieren kann. Mit diesem Prinzip wollte von Carlowitz sicherstellen, dass das System Wald langfristig erhalten bleibt.
Im Wesentlichen hat sich am grundsätzlichen Verständnis von Nachhaltigkeit nicht viel geändert. Allerdings hat sich der Wirkungsbereich deutlich erweitert. Heute erstreckt sich der Gedanke der Nachhaltigkeit auch auf politisches, wirtschaftliches, ökologisches und soziales Handeln. Vor diesen Hintergrund lautet die Definition des Nachhaltigkeitsbegriffs analog des Brundtland-Berichts der Vereinten Nationen (UN) wie folgt:
Die Menschheit hat die Fähigkeit, Entwicklung nachhaltig zu gestalten, um sicherzustellen, dass sie den Bedürfnissen der Gegenwart entspricht, ohne die Fähigkeit zukünftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.
Damit ist klar, dass Nachhaltigkeit als eine Entwicklung beschrieben wird, die gleichermaßen auf die Zukunft und die Gegenwart ausgerichtet ist. Erreicht werden kann nachhaltiges Leben nur durch die Verbindung von drei Prinzipien – dem sogenannten Dreieck der Nachhaltigkeit:
- Ökologische Nachhaltigkeit
Natürliche Ressourcen werden nur in dem Maß genutzt, wie ein Nachwachsen möglich ist. - Ökonomische Nachhaltigkeit
Gewinne werden erwirtschaftet, ohne die dafür benötigten Ressourcen langfristig zu schädigen. - Soziale Nachhaltigkeit
Soziale Nachhaltigkeit beschreibt eine stabile Gesellschaft bei der die menschliche Würde sowie Arbeits- und Menschenrechte gewährleistet sind.
Vor diesem Hintergrund ist es die Aufgabe von uns allen, das Bewusstsein für Umwelt und Nachhaltigkeit zu stärken. Wie das im Alltag gelingen kann, haben wir im Blog-Beitrag 10 Tipps für mehr Nachhaltigkeit im Alltag für Dich zusammengestellt.
Führt Achtsamkeit automatisch zu nachhaltigem Verhalten?
Es steht außer Zweifel: Achtsame Menschen sind sich selbst und anderen Menschen gegenüber besonders aufmerksam. Das liegt daran, dass die Übungen der Achtsamkeit langfristig dazu führen, Stress zu reduzieren, Wohlbefinden zu fördern und die Konzentrationsfähigkeit zu erhöhen. Hat Achtsamkeit jedoch auch Auswirkungen auf die Nachhaltigkeit? Leben und konsumieren achtsame Menschen wirklich nachhaltiger?
Die moderne Forschung steckt hier noch in den Anfängen. Im Rahmen von Studien fanden Forscher heraus, dass gezielte Meditation die Achtsamkeit erhöht. In der Folge veränderte die Achtsamkeit auch die innere Einstellung der Probanden zum Konsum. Das Interesse an materiellen Werten nahm ab. Dennoch veränderte sich das reale Konsumverhalten nicht – weder beim Kauf von Kleidung noch bei der Ernährung führte die erhöhte Achtsamkeit zu mehr Nachhaltigkeit.
Mit Achtsamkeit zu nachhaltigem Konsum
Der achtsame Umgang mit sich selbst führt demnach nicht automatisch zu einem nachhaltigeren Leben – ein ernüchterndes Ergebnis. Dennoch trägt Achtsamkeit dazu bei, die sogenannte Einstellungs-Verhaltens-Lücke zu überwinden. Gemeint ist damit, dass Umweltbewusstsein und Wissen dringend nötiger Verhaltenswissen meist vorhanden sind, dass das tatsächliche Verhalten aber häufig davon abweicht.
Diese Lücke zwischen der Erkenntnis und eigenem Verhalten lässt sich mithilfe eines Achtsamkeitstrainings offenlegen, denn: Immerhin fördert Achtsamkeit das Bewusstsein für zentrale Werte und Einstellungen. Mit der Zeit erwachsen daraus Überzeugungen, die vielleicht eher mit dem eigenen Wohlbefinden zu tun haben, in Summe aber zu einem Mehr an Nachhaltigkeit führen können.