Versiegelte Flächen tragen zur Erwärmung unserer Innenstädte bei. Bei Regenereignissen verhindern sie das natürliche Versickern des Wassers im Boden. Das Bewusstsein breiter Bevölkerungsschichten für die Umweltprobleme, welche die Bodenversiegelung hervorruft, ist nur schwach ausgeprägt. Dabei ist die Entsiegelung ein Gebot der Stunde. Alles Wissenswerte erfährst Du in unserem Blog.


Für Natur und Umwelt hat die zunehmende Versiegelung von Böden und Flächen gravierende Auswirkungen. Was unter versiegelten Flächen zu verstehen ist, macht das Umweltbundesamt (UBA)  deutlich. Den Begriff Bodenversiegelung definiert die zentrale Umweltbehörde der Bundesrepublik Deutschland wie folgt: „Bodenversiegelung bedeutet, dass der Boden luft- und wasserdicht abgedeckt wird, wodurch Regenwasser nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen versickern kann. Auch der Gasaustausch des Bodens mit der Atmosphäre wird gehemmt.

Wikipedia, die freie Enzyklopädie im Internet, definiert versiegelte Flächen als „das Bedecken des natürlichen Bodens durch Bauwerke des Menschen“. Das gesammelte Schwarmwissen der Autoren verweist ebenfalls darauf, dass kein Niederschlag in Grund und Boden eindringen kann. In der Folge würden somit „normalerweise ablaufende Prozesse gestoppt“. Als versiegelte Fläche gelten demnach auch Bauwerke unter der Erdoberfläche wie Leitungen, Kanäle oder Fundamente, da diese den Boden verdichten. Selbst Frei-, Betriebs- und Erholungsflächen werden vielfach befestigt oder vollständig versiegelt.

Bodenversiegelung in Deutschland und Europa

Trotz vergleichsweise ausgeprägtem Umweltbewusstsein schreitet die Bodenversiegelung hierzulande kontinuierlich voran. Dabei hat die zunehmende Bodenversiegelung große Auswirkungen auf die Umwelt. Die Flächenversiegelung in Deutschland schadet den Böden und begünstigt Hochwasser. Jeden Tag nimmt die versiegelte Fläche in Deutschland um rund 30 Hektar zu.

Das Problem zunehmender Flächenversiegelung ist nicht auf Deutschland beschränkt: Pro Tag gehen in Europa 250 bis 275 Hektar Boden durch Bebauung verloren. Die Bundesregierung hat das Problem erkannt und steuert inzwischen dagegen. Ziel ist es, den Flächenverbrauch bis 2030 unter die 30-Hektar-Marke zu senken. Das BMU fordert bis 2030 sogar eine Zielmarke von 20 Hektar pro Tag zu erreichen.

Flächenversiegelung in Deutschland: Der Fünfjahresvergleich belegt die zunehmende Bodenversiegelung in Deutschland.

Ein Blick auf die Statistik zeigt: Zum Jahresende 2020 wies die amtliche Flächenstatistik für die Bereiche Siedlung und Verkehr deutschlandweit eine Fläche von rund 51.700 Quadratkilometer aus. 43,7 Prozent dieser Fläche war versiegelt. Zur besseren Einordnung: Im Hinblick auf die Gesamtfläche beträgt der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsflächen laut umweltökonomischer Berechnungen der Bundesländer 14,5 Prozent – der Anteil versiegelter Flächen liegt bei 6,3 Prozent.

Anteil an der Siedlungs- und Verkehrsfläche.

Zur besseren Einordnung der versiegelten Flächen in Deutschland: Bis zum Jahresende 1992 lag der Anteil der Siedlungs- und Verkehrsflächen in Deutschland noch bei 11,5 Prozent (ca. 38.700 km2) – und bei den versiegelten Flächen bei 5,3 Prozent (ca. 17.800 km2).

Anteil an der Gesamtfläche des Landes.

Versiegelte Flächen laut Baurecht

Nicht zuletzt der Wohnungsmangel in Deutschland führt zu einer regen Bautätigkeit. Wichtige Begleiterscheinung ist die zunehmende Versiegelung von Flächen. Deswegen hat das Thema versiegelter Flächen seit geraumer Zeit Eingang ins Baurecht gefunden. Ausschlaggebend für die Flächenversiegelung sind die Regelungen des jeweiligen Bundeslandes und der Kommunen.

Für den Wert eines Grundstücks ist die sogenannte Grundflächenzahl (GRZ) von Bedeutung. Als Faustregel gilt: Je höher die GRZ, desto größer fällt die versiegelungsfähige Fläche des Grundstücks aus. Wie sich diese Fläche errechnet und wie unterschiedliche Böden in die Versiegelungsfläche eines Grundstücks eingerechnet werden, das erfahrt ihr hier.

Versiegelte Flächen auf Grundstücken

Wer ein Baugrundstück erwirbt und im Besitz einer Baugenehmigung ist, der kann bauen. Bebaubar ist in der Regel nicht das gesamte Grundstück. Nur ein Teil des Bodens darf versiegelt werden. Als Versiegelung gilt beispielsweise die bedachte Grundfläche des Hauses oder eine Garage. In Abhängigkeit des verbauten Materials zählen auch Wege, Zufahrten oder andere Flächen zu den Bodenversiegelungen.

Wie viel versiegelte Fläche ist erlaubt? Wie viel Fläche darf versiegelt werden?

Maßgeblich für die bebaubare Fläche eines Grundstücks ist die Grundflächenzahl (GRZ). Diese ist in der Regel im Bebauungsplan ausgewiesen und wird als Dezimalzahl ausgegeben. Ein Wert von 1,0 bedeutet, dass das gesamte Grundstück bebaut werden darf. In der Praxis werden Werte von 0,8 nur selten überschritten.

Rechenbeispiel (600 m2 großes Grundstück, GRZ =0,2):

Grundstücksgröße x Grundflächenzahl = zulässige Grundfläche: 600 m2 x 0,2 = 120 m2

Vollversiegelte Fläche

Vollversiegelte Flächen sind in der Regel Asphalt, Bitumen- oder Betonflächen beziehungsweise Platten mit Fugenvollverguss wie Wege oder Straßen und Dachflächen.

Teilversiegelte Fläche

Der Definition nach unterscheiden sich „teilversiegelte Flächen“ in „stark versiegelte Flächen“ und „leicht versiegelte Flächen“.

  • Stark versiegelte Flächen sind Rasenfugenpflaster, H-Steine, Platten und Pflaster mit schmalen Fugen oder ohne Verfugung.
  • Leicht versiegelte Flächen bestehen aus Natursteinpflaster mit weiten Fugen, Rasengittersteine, wassergebundene Splitt oder Schotterflächen und Gründächer.

Unversiegelte Fläche

Als unversiegelte Fläche gelten beispielsweise Rasen oder Erde.

Versiegelungsgrad: Bedeutung und Berechnung

Der Versiegelungsgrad – auch als Versiegelungsfaktor bezeichnet – bezeichnet die Versickerungsfähigkeit des Bodenbelags einer Fläche. Der Hintergrund: Zur Berechnung kommunaler Gebühren werden verschiedene Versiegelungsfaktoren herangezogen. Weil das Regenwasser eines vollversiegelten Bodens zu 100 Prozent in die Kanalisation eingeleitet wird, wird diese Fläche auch zu 100 Prozent angerechnet. Weniger versiegelte Flächen werden mit einem geringeren Faktor angerechnet.

So berechnest Du die Entwässerungsgebühr der Stadt Freiburg:

Die überbaute und befestigte Fläche pro Grundstück berechnet sich aus Länge x Breite.

Das bedeutet: Je durchlässiger der Bodenbelag ist, desto weniger Fläche wird berechnet – und umso geringer fallen die Gebühren für das Niederschlagswassers aus. Diese Versiegelungsfaktoren unterscheiden sich von Kommune zu Kommune.

Folgen und Auswirkungen von Bodenversiegelung

Die Auswirkungen versiegelter Böden können gravierend sein: Wichtige Folge der Flächenversiegelung ist beispielsweise, dass zubetonierte oder asphaltierte Böden keine Nährstoffe und auch kein Regenwasser mehr aufnehmen können. Ein wesentlicher Nachteil der Flächenversiegelung ist der Verlust fruchtbaren Bodens. Und damit nicht genug: Langfristig sorgt die Bodenversiegelung für weniger Grundwasser. Warum das so ist? Ganz einfach, weil die Bodenversiegelung die Aufnahme von Wasser unterbindet. Das bleibt nicht ohne Auswirkungen: Eine weitere Folge der Bodenversiegelung ist der Verlust von Lebensräumen für Pflanzen und Tiere.

Bodenversiegelung und Hochwasser

Vermehrte Starkregenereignisse in Deutschland und zunehmende Bodenversiegelung begünstigen das Entstehen von Hochwässern. Warum Bodenversiegelung zu Hochwasser führen kann, ist schnell erklärt: Niederschlag und Abfluss sind hier relevante Stellgrößen. Sobald die Niederschlagsmenge höher ausfällt, als die Böden oder die Kanalisation das Wasser abführen kann, steigt die Gefahr für Hochwasser. Je mehr versiegelte Flächen vorhanden sind, desto weniger Wasser kann auf natürliche Art und Weise von Boden aufgenommen werden. Demzufolge begünstigt die Bodenversiegelung das Entstehen von Hochwasser.

Entstehende Kosten durch die Flächenversiegelung

Außergewöhnliche Ereignisse wie die Flut an der Ahr im Sommer 2021 verursachen Kosten in Höhe vieler Milliarden Euro. Doch es bedarf keiner Jahrhundertereignisse, um zu konstatieren, dass die Bodenversiegelung Kosten verursacht, denn: Wenn Wasser nicht im Boden versickern kann, dann wird es über die Kanalisation und Kläranlagen entsorgt. Es wird zu Abwasser – und auch so behandelt. Das treibt die Kosten der Kommunen und der Bürger nach oben.

Bodenversiegelung im Garten und Außenbereich

Nicht zuletzt aufgrund zunehmender Hochwasserschäden unternehmen die Kommunen in Deutschland erhebliche Anstrengungen, um Flächen zu entsiegeln und Niederschlagswasser die Möglichkeit zu geben, um im Boden zu versickern. Private Haushalte können diese Bemühungen unterstützen, indem sie dem Thema Bodenversiegelung in Garten oder Außenbereich ihre Aufmerksamkeit schenken.

Grundsätzlich gilt: Auf jedem bebauten oder bewohnten Grundstück fällt Wasser an. Vielerorts sind die Abwassergebühren in einen Schmutz- und Niederschlagswasseranteil aufgesplittet. Die Gebühren für die Berechnung des Niederschlagswasseranteil richten sich nach den versiegelten Flächen. Für die Haushalte bedeutet dies: Je größer die Bodenversiegelung in Garten und Außenfläche ist, desto höher fallen die Abwassergebühren aus. Zugrunde liegt dieser Berechnungsart die Annahme, dass Niederschlagswasser in die Kanalisation geleitet wird, wenn es nicht im Garten versickern kann.

Die Terrasse versiegeln oder besser nicht?

Für alle Flächen im Außenbereich eines Grundstücks solltet ihr im Sinne der Umwelt möglichst auf eine Flächenversiegelung der Terrasse verzichten. Vor diesem Hintergrund ist die Frage „Die Terrasse versiegeln oder besser nicht“ im Grunde falsch gestellt. Sie müsste lauten: Wie realisiere ich eine Terrasse ohne Bodenversiegelung. Handwerk und Handel haben dazu attraktive Lösungen entwickelt. Holzterrassen mit Drainageschicht sehen beispielsweise gut aus und sind eine gute Alternative zu einer versiegelten Terrasse.

Rasengittersteine und Pflastersteine zugunsten der Flächenversiegelung

Entsiegelung oder die Vermeidung einer Flächenversiegelung sind auch bei Wegen und Zufahrten das Gebot der Stunde. So lassen sich die Waben der Rasengittersteine mit Rasensaat oder Sand befüllen. Damit wirken Rasengittersteine der Bodenversiegelung entgegen. Entsprechende Elemente aus Beton sind zudem sehr stabil. Pflastersteine mit Poren, Filtersteine oder Sickersteine gewährleisten aufgrund eines hohlraumreichen Gefüges ebenfalls Wasserdurchlässigkeit und sind ideal geeignet für Gehwege oder Stellplätze.

Sehr geringe Flächenversiegelung durch Windkraft

Windkraft ist ein sauberer Energieträger. Keine Frage. Der Bau einer Windkraftanlage erfordert allerdings die Versiegelung des Bodens. Schließlich soll das Fundament ja tragfähig sein. Der Flächenbedarf eines Windrads wird mit allgemein 4.000 Quadratmetern angegeben. Die Fundamentgröße und damit die Flächenversiegelung des Windrads beträgt bei einer 3-Megawatt-Anlage 300 bis 500 Quadratmeter – bei Anlagen mit einer Leistung in Höhe von 7,6 Megawatt etwa 600 Quadratmeter. Lager- und Vormontageflächen benötigen weitere 200 Quadratmeter. Hinsichtlich der Flächenversiegelung kann die Windkraft alles in allem auf eine gute Bilanz verweisen.

Versiegelung in Städten und das Stadtklima

Die Versiegelung von Böden und Flächen in den Städten ist vor allem im Sommer ein ernstes Problem. Städte und Ballungsgebiete bilden bei austauscharmen Hochdruckwetterlagen ihr eigenes Mikroklima aus. Bekanntester Stadtklima-Effekt sind die sogenannten Wärmeinseln. Der Begriff beschreibt den Temperaturunterschied zwischen überwärmter Innenstadt und kühlerem Umland. Ursachen sind neben dichter Verbauung die Bodenversiegelung. Vielfach fördern die verwendeten Baumaterialien den Überhitzungseffekt. Pflanzen sowie Grün- und Wasserflächen könnten dem entgegenwirken, sind in den Städten aufgrund der Flächenversiegelung häufig jedoch nicht vorhanden.

Bodenversiegelung und der Klimawandel

Die Nutzung von Flächen ist für das Klimasystem von großer Bedeutung. Dass die Bodenversiegelung zum Klimawandel beiträgt, wird unter Experten längst nicht mehr bestritten. Immerhin ist der Boden der zweitgrößte Kohlenstoffspeicher der Erde. Wird Fläche versiegelt, dann trägt das zum Klimawandel bei. Ein versiegelter Boden nimmt kein CO2mehr auf. In der Folge steigt das Gefährdungspotenzial für Gebäude und Gewässer. Vor allem in den Städten ist dies an heißen Tagen zu beobachten: Über versiegelten Flächen fehlt es an natürlicher Feuchtigkeit. Umstehende Gebäude reflektieren die Temperaturen zusätzlich. Auch Regen spielt eine Rolle. Durch die Flächenversiegelung kann das Wasser nicht abfließen. Die Kanalisation ist schnell überfordert – Überschwemmungen und Überflutungen das Resultat.

Wie kann man Bodenversiegelung stoppen oder entsiegeln?

Den Trend zur Bodenversiegelung zu stoppen, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Jeder kann dazu beitragen, Boden zu entsiegeln. Auf dem eigenen Grundstück. Im Verein. Der Schule. Nahezu überall kann Bodenversiegelung rückgängig gemacht werden. Auch die Städte und Kommunen sind gefordert. So schlägt der BUND vor, vorhandene Strukturen wie Brachflächen oder marode Bausubstanz für die Entwicklung einer Stadt zu nutzen, statt immer neue Gewerbeflächen auf der grünen Wiese auszuweisen. Die Frage lautet also nicht: Was tun gegen die Bodenversiegelung? Sie müsste vielmehr lauten: Was kann ich dazu beitragen, um Flächen zu entsiegeln? Und da gibt’s eine Menge zu tun.