Was kann jeder Mensch tun, um nachhaltiger zu leben? Weniger fliegen, weniger Auto fahren, weniger Plastik verbrauchen. Das alles sind Dinge, die uns vielleicht als Antwort direkt einfallen. Auch unsere Ernährung, die Lebensmittel, die wir essen und trinken, können einen großen Einfluss haben! Unsere Gastautorin und Nachhaltigkeitsexpertin Anke Schmidt erklärt, ob vegan essen nachhaltig ist, ob Bio-Produkte wirklich sinnvoll sind und was Du tun kannst, um Dich nachhaltiger zu ernähren.

Nachhaltige Ernährung bedeutet regionaler und saisonaler essen

Wusstest Du, dass Avocados meist aus Süd- und Mittelamerika importiert werden? Die langen Transportwege und die Kühlung der Früchte verbrauchen Ressourcen und setzen einiges an CO₂ frei. Zudem werden aufgrund der hohen Nachfrage Europas alleine in Mexiko 1500 bis 4000 Hektar Wald nur für den Anbau von Avocados gerodet. Ich habe mich erst so richtig mit dem Thema nachhaltige Ernährung beschäftigt, seitdem ich mich dazu entschieden hatte, vegan zu leben.

Das erste, was mich sehr überrascht hatte war, wie viele Lebensmittel, die wir essen, aus anderen Ländern importiert werden und welche Auswirkungen dies auf die Natur hat. Wie am Beispiel der Avocado gezeigt. Deshalb schien es erst mal am sinnvollsten, sich wirklich möglichst regional und saisonal zu ernähren.
Regionale und saisonale Ernährung feiert in den letzten Jahren wieder ein Comeback. Saisonal bedeutet, größtenteils Lebensmittel zu essen, die Saison haben und somit nicht im Gewächshaus angebaut oder importiert werden, sondern möglichst im Freien wachsen. Also Erdbeeren im Frühling und Tomaten eher im Sommer. Somit bedeutet saisonal gleichzeitig auch oft regional. Regional meint, dass wir essen, was in unserer Nähe angebaut wird. Leinsamen anstatt Chiasamen, Hirse statt Quinoa.

Es ist auf den ersten Blick sehr herausfordernd, sich auf einmal saisonaler und regionaler zu ernähren, da es auch Produkte wie Kaffee gibt, die nicht so leicht ersetzbar sind. Zudem kannst Du noch ein paar weitere Punkte beachten, wenn Du Dich nachhaltiger ernähren willst. Es gibt Saisonkalender mittels derer Du immer siehst, welche Lebensmittel aktuell erntereif sind.


Regional einkaufen, aber richtig!

In unserem Blogbeitrag Regional einkaufen, aber richtig: Dein Beitrag für mehr Nachhaltigkeit findest Du unseren Saisonkalender für jeden Monat des Jahres. Wir geben Dir außerdem Tipps, wie regionales Einkaufen am nachhaltigsten gelingen kann!

Sind Bio-Lebensmittel umweltfreundlicher als konventionelle?

Ein viel diskutiertes Thema im Bezug auf Ernährung ist aktuell die Frage: „Sind Bio-Lebensmittel besser als konventionelle?“ Der Vorteil bei Bio-Lebensmitteln für unsere Umwelt ist, dass beim Anbau weniger schädliche Düngemittel genutzt werden. Der Anbau von Bio-Produkten erhält die Bodenfruchtbarkeit, schützt die Artenvielfalt und Gewässer und ist frei von Gentechnik. Also macht es durchaus Sinn, konventionelle Lebensmittel durch Bio-Produkte zu ersetzen. Gute Bio-Produkte auch im Discounter lassen sich an Bio-Siegeln erkennen. Demeter, Bioland und das weit verbreitete sechseckige Bio-Siegel sind 3 von 7 Siegeln, die die höchsten Bio-Standards fordern.

Welche Produkte lassen sich leicht durch nachhaltigere Varianten ersetzen?

Nudeln
Nudeln sind ein Lebensmittel, das oft importiert wird und oft auch unnötige Inhaltsstoffe enthält. So bestehen die üblichen italienischen Nudeln nur aus Hartweizengrieß, Kochsalz und Wasser.
Oft gibt es jedoch Nudeln, denen Ei beigemischt wurde - dies ist eigentlich überflüssig. An dieser Stelle will ich nicht darauf hinaus, ob es verwerflich ist, Fleisch, Eier oder andere tierische Produkte zu essen. Es geht nur darum, dass manche Inhaltsstoffe überflüssig sind. Auch Nudeln gibt es mittlerweile von vielen Herstellern aus Deutschland. Ziehst Du diese nicht importierten Nudeln vor, spart das auch eine Menge CO₂ beim Transport ein.

Kaffee
Was ist eine gesunde Alternative zu Kaffee? Eine Frage, die sich tatsächlich leicht beantworten lässt. Trendgetränk seit letztem Jahr ist der Lupinenkaffee. Die Lupine gehört zu der Pflanzenfamilie der Erbsen und Bohnen und wird in Deutschland angebaut - ist also regional. Vom Geschmack her ist sie fast gleichzusetzen mit Kaffee, allerdings enthält sie kein Koffein. Genauso gibt es auch Getreidekaffee, manche Schwangere weichen in der Schwangerschaft zum Beispiel auf Malzkaffee aus. Der schmeckt ähnlich wie Kaffee, kommt aber ohne Koffein daher. Ansonsten ist Ingwertee auch eine gute Alternative, denn auch Ingwer hat eine belebende Wirkung und es gibt ihn mittlerweile auch aus Deutschland.

Gemüse & Obst aus Übersee
Wusstest Du, dass Du Guacamole auch super aus Erbsen machen kannst? Im Internet findest Du einige Rezept-Varianten davon. So ersetzt Du ganz leicht deine Avocado. Anstatt Ananas und Mango könntest Du öfter auf Äpfel, Birnen, Aprikosen, Stachelbeeren, Pflaumen und vor allem im Frühling/Sommer auf Beeren zurückgreifen. Das ist das Obst, das regional in Deutschland angebaut wird. Es gibt mittlerweile auch schon Süßkartoffeln und Wassermelonen aus Deutschland, hier lohnt sich immer der Blick auf das Etikett!

Frische Beeren
Frische, heimische, regionale Beeren im Sommer schmecken nicht nur fantastisch, sie sind zudem auch noch super gesund und können regional bezogen werden.

Importwaren
Im Jahr 2015 wurden 756 Kilogramm Chiasamen in Deutschland verkauft. In 2016 waren es schon 1925 Kilogramm. Chiasamen werden meist aus Mittelamerika importiert und haben so einen langen Transportweg, der eigentlich unnötig Ressourcen verbraucht. Du kannst ihn einfach durch das Superfood Leinsamen ersetzen. Das hat zwei Vorteile. Zum einen sind Leinsamen deutlich günstiger und zum anderen wird so eine Menge CO₂ eingespart, da Leinsamen regional angebaut werden.


5 Tipps, wie Du nachhaltiger einkaufen und essen kannst

  1. Schau, ob es bei Dir einen Wochenmarkt gibt, bei der die/der Bäuerin/Bauer Lebensmittel aus eigener Herstellung verkauft. So fällt es Dir leicht, regional und saisonal einzukaufen. Zudem sparst Du mit dem Kauf auf dem Wochenmarkt auch eine Menge Plastik ein, da die Waren dort meist unverpackt sind. Das gleiche gilt für die Ökokiste. Mittlerweile bieten viele herstellende Betriebe solche Ökokisten an. Diese enthalten Gemüse, Obst und oft auch Nudeln oder andere Lebensmittel, die vor Ort hergestellt werden. Ausgeliefert werden sie direkt zu Dir nach Hause.
  2. Kaufe, wenn möglich, Bio-Waren. Auch wenn diese im Supermarkt verpackt sind. Denn so erhöht sich die Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln.
  3. Versuche Deinen Einkauf ein wenig nachhaltiger zu gestalten, in dem Du mal Hafermilch probierst, statt Kuhmilch.
    Indem Du vielleicht einfach mal kein Fleisch kaufst, Tofu oder Produkte aus Lupine ausprobierst und insgesamt weniger tierische Produkte kaufst.
    Übrigens gibt es auch Tofu, der in Deutschland hergestellt ist und somit auch nachhaltiger ist, als der importierte aus Südamerika. Denn dort wird tatsächlich Regenwald gerodet für den Anbau von 90 Millionen Tonnen Soja jährlich. Wohl zu beachten ist dabei, dass der größte Teil davon für die Tierfutter Erzeugung genutzt wird und nicht für die Herstellung von Sojaprodukten für den Menschen. Es gibt mittlerweile auch Burger und Aufstriche aus Lupine von Alberts. Tofuhersteller die vorzugsweise Soja aus Deutschland oder Österreich für die Herstellung von Produkten nutzen sind Taifun*, Lord of Tofu* und Nagel*. Anstelle von Sojaprodukten kannst Du auch Burger aus roten Bohnen herstellen oder Spaghetti Bolognese mit Linsen kochen, anstatt Hackfleisch.
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Hier geht's zu Ankes Linsen-Bolognese

  1. Schau einmal, ob es in Deiner Nähe einen Unverpackt Laden gibt oder andere Möglichkeiten des Unverpackt-Einkaufens. Die Reuse-Revolution-Map [unbezahlte Werbung] gibt Dir eine gute Übersicht.
Unverpackte, in Gläser abgefüllte, Lebensmittel
Verpackungsfrei einkaufen: Immer mehr Geschäfte bieten unverpackte Ware an. 

Sollten wir Fleisch essen?

Die Frage, ob wir Fleisch essen sollten, lässt sich auf Basis des Nachhaltigkeitsaspektes einfach beantworten: Denn für ein Kilo Rindfleisch werden ungefähr 15.000 Liter Wasser benötigt. Für den Anbau von einem Kilo Avocados werden mehr als 1000 Liter Wasser gebraucht. Für ein Kilo Tomaten werden circa 180 Liter Wasser gebraucht. Das heißt anstatt 1 Kilo Rindfleisch könntest Du 83 Kilo Tomaten essen. Die Herstellung von Fleisch braucht deutlich mehr Ressourcen als andere Lebensmittel. Falls Du Dir Sorgen machst, ob Du als Vegetarier oder Veganer auf wichtige Vitamine verzichtest, wenn Du kein Fleisch oder gar keine tierischen Produkte zu Dir nimmst - lass Dir gesagt sein, es können viele Stoffe relativ gut ersetzt werden. Linsen haben zum Beispiel einen hohen Eisengehalt. Dennoch bleibt die Entscheidung Dir überlassen, ob Du tierische Produkte essen magst oder nicht. Rein aus ökologischer Sicht macht es auf jeden Fall Sinn, keine zu essen.

Ist nachhaltige Ernährung machbar oder zu kompliziert?

Nachhaltige Ernährung scheint bei all den Punkten, die ich aufgezählt habe, wirklich eine Herausforderung zu sein. Mein Tipp für Dich für den Anfang ist einfach folgender: Kaufe nur, was Du wirklich isst und versuche von Produkten, die wirklich viele Ressourcen brauchen, erst einmal weniger zu verzehren. Ich esse zuhause größtenteils Brot, Gemüse, Obst, Nudeln, Linsen, Bohnen und wirklich nur ganz selten Tofu oder mal einen Sojajoghurt. Wenn wir alle darauf achten, dass wir nachhaltiger essen, ist das besser, als wenn Du als eine*r von wenigen wirklich komplett zu 100% nachhaltig isst.

Versuche nach und nach immer mehr Produkte zu ersetzen und schaue was sich in Deinen Speiseplan integrieren lässt.

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